1987 entschloss sich eine kleine Gruppe (Lindenberger Waldemar, Böhm Leonhard,
Marchl Karl-Johann) unter dem Ansporn von Georg Bayer, eine alte Tradition wieder
aufleben zu lassen.
Voller Begeisterung wurden Pläne von Handböllern besorgt, um deren
Eigenbau zu realisieren. Man fand schnell fachmännische Rat von Herrn Mirwald aus
Gräfenberg, ein guter Freund von Georg und Herrn Gröschel, einem Kollege von
Waldemar.
Georg organisierte eine Stange Maschinenstahl, Blattfedern für das Schloss und
Waldemar machte sich ans Werk, zuerst mit den Rohren und dann in mühsamer
Präzision an die vielen Kleinteile. Nach Fertigstellung der Böllerrohre ging es dann zum
Erstbeschuss nach Drügendorf, dort vor Ort war Herr Edelmann vom Beschussamt
Mellrichstadt.
Ein Feinmechaniker und ein Schreiner waren ein Jahr lang zu Gange, um dann fast
zeitnah mit Ablegen der Böllerprüfung 1989 in der Kunigundenruh in Bamberg, fertig zu
sein. Georg und Waldemar beschlossen – nie wieder Böllerbau!
1989 bei Antragstellung der Erlaubnis fürs Böllerschiessen beim Landratsamt wurde klar,
dass auch der historische Hintergrund also das Brauchtum in der Region Forchheim eine
wesentliche Bedeutung hatte. Georg Bayer stöberte in Archiven und konnte somit belegen,
dass bei Anlässen, wie runden Geburtstagen, Hochzeiten, Totengedenken, Empfang von
Würdenträgern, Fronleichnam, Neujahr, Einweihung und Jubiläen öffentlicher
Einrichtungen geböllert wurde. Daraufhin erhielten wir die erhoffte 5-Jahres-
Genehmigung für „ weltliche und kirchliche Anlässe“. Übrigens gab es in Forchheim
bereits im 15. Jhrdt. Glockengießereien, die Kanonen herstellten, genauso wie in Bamberg
und Nürnberg. In friedlichen Zeiten dienten Kanonen auch bei den Bischöfen als Zeichen
von Macht und Stärke.
An dieser Stelle muss auch einmal erwähnt werden, das Herr Förstel, der Kgl. bayr.
Artillerie aus Wolkersdorf, Georg Bayer in dieser Angelegenheit so mache Hilfestellung
aus jahrelanger Erfahrung gab.
Anfangs wurde noch in Lederjacke und Hose geböllert, da aber seit Jahrzehnten eine enge
Verbundenheit mit der Gräflichen Familie besteht, lag es nahe eine historische Tracht
auszuwählen. Die heute barocke Schlossanlage war im Jahr 1422, eine der Überlieferung
zufolge, frühmittelalterliche Turmhügelburg von Wasser umgeben. Die Namensgebung
„Schlossgarde“ war der Fingerzeig darauf.
Eine große Hilfe war uns die Schneidermeisterin Frau Popp, von den
Wallensteinfestspielen in Altdorf. Wir entschieden uns für eine Uniform des 17. Jhrdt.
und nun galt es die Vorstellung in die Realität umzusetzen. Nach Wochen war uns
bewusst, dass dies nicht ohne erheblichen Kostenaufwand ging. Kurzerhand kam auch
hier Marke „Eigenbau“ zum tragen und die Tracht der Schlossgarde, mit Lederwams,
Kniebundhose, Hemd, wurde von unserer Angela Bayer geschneidert. Ohne die
Beziehungen Georg´s zu Firmen, wo er Leder, Borten, Knöpfe, Hüte usw. besorgte, wäre
es schwierig geworden. Beim organisieren des Feder-Schmucks für die Hüte, bekamen
wir Unterstützung von Wolfgang Kürschner.
Zu einer richtigen Schlossgarde gehört natürlich auch noch eine historische Kanone und
diese erhielt die Schlossgarde, als Leihgabe, von Graf Hannfried von Bentzel, der mit uns
den Böller- und Kanonierschein machte. Da eine Luntenzündung, damals vom
Gewerbeaufsichtsamt nicht erlaubt war, wurde eine Zündvorrichtung nach einem Plan
von Herrn Klein, durch Waldemar Lindenberger angefertigt. Da sich diese aber nicht
bewährte, wurde eine neue einige Jahre später (von Profis abgekupferte) durch Wolfgang
Hubert nachgebaut.
Erster Einsatz der Kanone war der 50. Geburtstag von Gräfin Michaela v. Bentzel
Februar 1991. Zu diesem Termin waren bereits vier Uniformen fertig, die weiteren 8
Uniformen bis Anfang1992. An der Lafette nagte der Zahn der Zeit und sie musste
erneuert werden. Georg machte sich mit Eichenholz ans Werk. Bei den Schmiedearbeiten
an der Lafette hatte er die Unterstützung von Schmiedemeister Polz aus Hausen. Die
zentnerschwere Kanone ist heute der Stolz der Schlossgarde.
Mittlerweilen wurden unsere Uniformen mit viel Liebe zum Detail ergänzt, mit Apostel
(Pulverflaschen), Ledergürtel, und Stulpenstiefel. Eine kleine Fahne mit dem Wappen des
Grafen v. Bentzel – Sturmfeder – Horneck, wurde angefertigt. Die Seide bemalte Frau
Amesdörfer, und Angela Bayer nähte die Fahne und befestigte sie an einer Saufeder
(Spieß).
Angeführt mit der kleinen Fahne konnte nun die Schlossgarde bei kirchlichen und
weltlichen Anlässen, das alte Brauchtum des Salutschiessens pflegen. Das Feedback der
Bevölkerung bestätigte unseren Einsatz, an der Historik festzuhalten.
Im Februar 1992 konnten wir vollzählig uniformiert mit unserer Kanone zum 85.
Geburtstag der Gräfin Irmgard von Bentzel-Sturmfeder-Horneck, einen Ehrensalut
bringen. Weitere Feste folgten: Königproklamationen bei SV Enzian in Hemhofen und in
Neustadt b. Coburg und dadurch angespornt wurde auch in unserem Verein die
Abholung der noch amtierenden Könige mit Fackelzug, Musik und Böllerschüssen wieder
belebt. So begleitet nun auch Böllererauch unseren Verein bei Fränkischen und
Nordbayrischen Böllerschützentreffen, Annafestumzügen, auch beim Historischen
Holzmarkt in Ilsfeld bei Graf Kilian v. Bentzel.
Weitere Stationen waren unter anderem das Millenniumsböllern in München 2000, die
1000-Jahr-Feiern in Herzogenaurach und Heroldsbach, Neujahrempfang des
Ministerpräsidenten Beckstein 2003 in Höchstadt, Empfang der Argentinischen
Nationalmannschaft in Schloss Thurn 2006, Schützenfesten und Vereinsfeiern der
Ortsvereine und Umgebung und vor allem bei Geburtstagen, Jubiläen, Hochzeiten der
Gräflichen Familie.
Kommandant Georg Bayer, der schier unermüdlich mit Begeisterung die Truppe
anspornt, um die alte Zeit für die heutige Generation lebendig zu erhalten, wurde an
seinem 50. Geburtstag im Dez. 2004, zum 1. Kanonier der Schlossgarde ernannt. Auch
Graf v. Bentzel würdigte in seiner Rede, dass es ohne seinen Einsatz eine Schlossgarde
nicht geben würde. Den Herzog Ernst-Albrecht-Orden und die Cartouche d. kgl. bayr.
Bürger-Militärs wurden ihm durch Kommandant Rainer Förster (Kgl.bayr.Bürgerwehr)
überreicht.
Zur Gründungszeit in den 90er Jahren, hatten die Böllergruppen in den Schützenvereinen
in unserer Region, noch wenig Anlaufstellen im BSSB. An der Seite von Böllerreferenten
Herrn Seelmann war Georg Bayer in vielen Arbeitssitzungen Mitstreiter für die Belange
der Wiederbelebung des Traditionsschiessens. Auch die Kontaktpflege mit den Vereinen,
Ämtern, und den Vertretern des BSSB und AKNB (Arbeitskreis Nordbayr.
Böllerschützen), wo auch über neue Bestimmungen und Verordnungen informiert wird –
wichtig für die Böllergruppe - übernimmt er gerne. Über die Jahre hat sich dadurch zu
vielen Vereinen eine enge Freundschaft aufgebaut.
Heute besteht unsere Schlossgarde aus 14 aktiven Mitgliedern;
Und eine große Gruppe von nicht aktiven Böllerschützen, die uns bei den Festzügen
unterstützen und immer eine Bereicherung darstellen.
Unterstützung bekommen wir seit 2005 auch durch die Höchstadter Musketiere, deren
Schützen im Verein St. Sebastian Thurn eine neue Heimat fanden.
Anlässlich unseres 75jährigen Vereinsjubiläums des SV St. Sebastian Thurn, im Jahre
1999, durften wir das 9. Fränkisches und das 1. Nordbayrische Böllerschützentreffen in
Thurn ausrichten. Damals waren fast 400 Böllerschützen und 10 Kanonen um die
Kübellohweiher aufgestellt. Der Thurner Bevölkerung ist dieser Treffen noch heute in
guter Erinnerung.
Das 16. Fränkische Böllerschützentreffen daswir 2007 ausrichteten wird uns ebenso in
guter Erinnerung bleiben. Zu diesem Böllertreffen kamen 56 Gastvereine mit mehr als
400 Böllerschützen und 30 Kanonen.